Zuwanderer überweisen Geld vom eigenen Einkommen

Wer Geld auf seinem oder ihrem Konto hat, kann darüber frei verfügen.
Foto: Monika Skolimowska/dpa

Zwacken Ausländer Geld aus der Rentenkasse ab und schicken es in ihre Heimat? Diese Falschmeldung kursiert in sozialen Netzwerken. In Wirklichkeit stammt das Geld aus dem frei verfügbaren Einkommen.

Eine Überschrift ohne genaue Erklärung kann schon mal Empörung auslösen. In sozialen Netzwerken macht die Meldung die Runde, Migranten würden 43,5 Milliarden Euro in die Heimat überweisen mit dem Zusatz, gleichzeitig fehle Geld in der Rentenkasse. Sind Internet-Nutzer da tatsächlich einem Skandal auf der Spur? 

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Die Aussage ist falsch, da private Auslandsüberweisungen meist vom Nettolohn gezahlt werden. Sie fehlen also nicht in der Rentenkasse. Jede Person kann ihr frei verfügbares Einkommen nach eigenem Ermessen ausgeben. Das gilt auch für empfangene Sozialleistungen. Außerdem beziehen sich die 43,5 Milliarden Euro auf Überweisungen aus der gesamten EU.

Fakten

Das Bild in den Social-Media-Posts stammt von einem Bericht des «Heimatkuriers», einem rechtsgerichteten österreichischen Online-Portal. Über die zugrundeliegende Statistik haben viele Medienhäuser berichtet. Demnach haben im Jahr 2022 Zuwanderinnen und Zuwanderer 43,5 Milliarden Euro aus der EU in ihre Herkunftsländer überwiesen. Die Zahlen stammen vom Statistikamt Eurostat in Luxemburg. Dabei handelt es sich nur um private Überweisungen, sogenannte Remittances, nicht um Gehaltszahlungen ins Ausland.

Die Zahl bezieht sich also auf die gesamte EU, nicht nur auf Deutschland. Die Summe bezieht sich zudem auf alle Zuwanderinnen und Zuwanderer in einem Land, egal ob sie arbeiten oder nicht, ob sie auf Asyl warten oder nicht. Es geht also nicht etwa nur um Auslandsüberweisungen von Geflüchteten.

Bundesbank schätzt Überweisungen auf rund 7 Milliarden

Aus Deutschland wurden 2022 laut Bundesbank 7,1 Milliarden Euro Remittances überwiesen, eine Milliarde mehr als im Vorjahr. Für 2023 lautet die vorläufige Berechnung 6,8 Milliarden Euro. Die Zahlen dieser Statistik sind geschätzt, da nur Zahlungen von Privatpersonen ab 12.500 Euro meldepflichtig sind.

In der Debatte um die Bezahlkarte für Geflüchtete wurde häufig behauptet, dass diese einen Teil ihrer Sozialleistungen ins Ausland überweisen würden, um dort Angehörige zu unterstützen. Der Mediendienst Integration – ein Projekt des Rats für Migration e.V., einem bundesweiten Zusammenschluss von Migrationsforschenden – erklärt auf seiner Webseite dazu: «Belege, dass das in relevanten Größenordnungen passiert, gibt es nicht.» Auch eine Anfrage des Spiegels ergab, dass der Bundesregierung keine Daten dazu vorliegen.

Drei Viertel der Zahlungen gingen in europäische Länder

Rund 75 Prozent der Zahlungen gingen sowohl 2022 als auch 2023 nach Europa, vor allem nach Rumänien, Polen, Italien sowie in die Türkei und die Ukraine. Von dort stammen nach Angaben des statistischen Bundesamts auch die meisten Zuwanderinnen und Zuwanderer.

Überweisungen in Länder außerhalb Europas leisten Ausländerinnen und Ausländer vor allem nach Syrien, Afghanistan, Irak. Das sind auch Asylherkunftsländer. Zuletzt sanken hier die Summen der Überweisungen. Je nach Land betrug der Rückgang circa 10 bis 15 Prozent. Die Geldtransfers von Migrantinnen und Migranten helfen nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Grundbedürfnisse in den Herkunftsländern zu befriedigen: «Damit reduzieren sie Armut.»

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Großteil der Remittances in europäische Länder geht. Bei Remittances kann nicht gesagt werden, woher das Geld im Einzelnen kommt, da die Zahlen geschätzt werden. Experten gehen davon aus, dass der Großteil von Arbeitsmigrantinnen und -migranten kommt, die einen Teil ihres Lohns in ihre Heimatländer schicken. Dieser Lohn wurde dementsprechend versteuert. Die Beschäftigten haben somit auch in das Sozialsystem eingezahlt, sprich auch in die Rentenkasse.

Private Überweisungen fehlen nicht in der Rentenkasse

Die privaten Überweisungen fehlen somit nicht in der Rentenkasse. Es handelt sich hierbei um Zahlungen vom Nettolohn, den jeder Mensch frei nutzen kann – genauso wie Menschen ihr Geld für Urlaub oder ihre Wohnung ausgeben.

Selbst wenn Asylempfängerinnen und -empfänger einen Teil ihrer Sozialleistungen in ihre Heimat schicken würden, wäre es ein Teil ihres frei verfügbaren Geldes und würde nicht stattdessen in die Rentenkassen eingezahlt werden. Die Höhe der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) liegt für eine alleinstehende Person bei 460 Euro und damit unter dem Bürgergeldsatz von 563 Euro.

(Stand: 04.04.2024)

Links

Post auf Twitter (archiviert)

Bericht des Heimatkuriers (archiviert)

DÖW über den Heimatkurier (archiviert)

Bericht des Deutschlandfunks (archiviert)

Ausführlicher Bericht von Capital (archiviert)

Bericht des Spiegels zu Bezahlkarten und Remittances (archiviert)

Zahlen von Eurostat zu Heimatüberweisungen in 2022 (archiviert)

Zahlen der Bundesbank zu Heimatüberweisungen inkl. 2023 (archiviert)

BMZ zum Nutzen der Zahlungen (archiviert)

Zahlen und Fakten des Mediendienstes Integration (archiviert)

Interview mit „Remittances“-Experte Prof. Matthias Lücke (archiviert)

Herkunft Zuwanderer (archiviert)

Höhe der Leistungen für Asylbewerber (archiviert)

Höhe des Bürgergeldes (archiviert)